Teil 3 – Dieselruß unter der Strippe

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Teil 1 – Stralsund im Dieselruß
Teil 2 – Eine alte Bekannte
Teil 3 – Dieselruß unter der Strippe
Teil 4 – Dampfloküberführung nach Stralsund
Teil 5 – Stralsund nach der Wende

Aufgeschrieben und bebildert von Achim Rickelt:

Hallo liebe Eisenbahnfreunde,

Nachdem ich Euch in Teil 1 und Teil 2 das Bahnjahr 1988 in Stralsund vorgestellt hatte, folgt nun das Wendejahr 1989.

Der Bahnhof Stralsund und Stralsund-Rügendamm standen nun also ständig unter Hochspannung von 15000 Volt.
Elloks der BR 243 gehörten nun zum täglichen Bild auf den Gleisen in Stralsund. Doch natürlich blieben viele Züge nach wie vor der Dieseltraktion vorbehalten.

Der Hauptgrund waren natürlich die vielen in Stralsund einmündenden und noch nicht elektrifizierten Strecken.
Das waren:

  • Die Nordbahn Berlin – Neubrandenburg – Stralsund > elektrifiziert zwischen Neustrelitz und Stralsund bis 1993
  • Die Strecke Stralsund – Rostock > elektrifiziert bis 1991
  • Die Strecke Stralsund-Rügendamm – Saßnitz / Mukran / Binz > elektrifiziert bis Mai 1989

Einst war 132 457 die 1000. Importlok aus der Sowjetunion. Sie trug an den Flanken ein Schild, das auf dieses Ereignis hinwies. Sie wurde beim Bw Neustrelitz beheimatet, gehörte 1989 aber zum Bestand des Bw Neubrandenburg und war dort eine der festen Planloks. Mit einem Schnellzug steht die Lok am Pfingstmontag 1989 am Bahnsteig 3 in Stralsund.

Aus etwas ungewöhnlicher Perspektive wurde 142 003 in Szene gesetzt, die Lz vom Bf. Stralsund-Rügendamm kommend in den Hauptbahnhof einbiegt.


112 439 macht sich wenig später ebenfalls Lz in die Gegenrichtung auf den Weg. 112 439 war eine der gepflegten Planloks der Est. Barth und wird sogleich am Bf. Rügendamm den P 8165 nach Barth übernehmen.

Für die Stromversorgung des Bereichs Stralsund wurde am südlichen Stadtrand von Stralsund, nahe dem Abzw. Srg ein Unterwerk errichtet. Zur Eröffnung des elektrischen Zugbetriebs nach Stralsund war dieses Unterwerk noch nicht am Netz, so dass Anfang 1989 noch improvisiert werden musste. Die Versorgung des Knoten Stralsund wurde zunächst noch von Anklam sichergestellt. Da die dortige Kapazität darauf aber nicht ausgerichtet war, musste man zunächst mit Oberstrombegrenzungen ( vereinfacht: Begrenzung des Stromverbrauchs des Tfz ) und teilweiser Dieseltraktion rechnen.
Für manche Diesellok eine Gnadenfrist auch auf der Pasewalker Schiene.

Anfang 1989 wurde fieberhaft an der Elektrifizierung der Strecken auf Rügen gearbeitet. Leider wurden diese Bauarbeiten auch von einem schweren Unfall überschattet.

110 116, die wir im ersten Teil in der 110 Parade im Schuppen 1 gesehen hatten, war mit einem Arbeitszug in Samtens eingesetzt. Eine Arbeitspause ergab den glücklichen Umstand, dass sich kein Personal an dem Arbeitszug aufhielt.
Durch eine Fehlleitung wurde aber ein einfahrender Güterzug aus Saßnitz mit der Neubrandenburger 132 369 auf das Gleis der 110 geleitet.
Der Neubrandenburger Lokführer konnte den Zusammenstoß nicht mehr verhindern und sich noch in Sicherheit bringen.
Für beide Loks war das das Ende. 110 116 und 132 369 wurden ins Bw Stralsund gebracht und erwarteten dort ihre Zerlegung.

Link dazu: http://www.v100-online.de


Zwei Unfalloks standen im Frühjahr 1989 auf dem Stralsunder Paschenberg abgestellt. Links 132 369 ( Bw Neubrandenburg ), die in Samens auf 110 116 auffuhr. Rechts die inzwischen schon ziemlich ausgeschlachtete 132 556 ( Bw Stralsund ), die im Vorjahr bei Ferdinandshof verunglückte.

Auf dem Bf. Stralsund gab es ein friedliches Nebeneinander der Traktionsarten und doch wurden die Elloks von mir fast gar nicht beachtet.

Nachdem zum Fahrplanwechsel Ende Mai 1989 die Strecken auf Rügen unter Spannung standen, eine besondere Eröffnungsveranstaltung gab es hier nicht, wurden aber viele Dieselloks arbeitslos.

Das Bw Stralsund im Jahr 1989

Das Stralsunder Bahnbetriebswerk beheimatete nun immer mehr fabrikneue Elloks der BR 243. Fast alle hier beheimateten 243er kamen direkt vom LEW Hennigsdorf nach Stralsund und gingen direkt in den Plandienst.
Der verstärkte Einsatz der Elloks forderte nun auch erste Opfer bei den Dieselloks. Das Umbeheimatungskarussell drehte sich 1989 so schnell, wie schon lange nicht mehr.

V 200 019 war 1967 die erste Großdiesellok, die im Bw Stralsund beheimatet wurde. Sie war Anfang 1989 auch eine der letzten Loks dieser Baureihe in Stralsund. Im Frühjahr 1989 waren noch einige 120er in Stralsund beheimatet. Sie wurden nun aber zunehmend von Elloks bzw. 132ern ersetzt. So war im Frühsommer 1989 lediglich die 120 058 mit den Schildern des Bw Stralsund unterwegs.


142 002 und 120 061 stehen im Mai 1989 einträchtig beieinander. Aber die 120 hat im Bw Stralsund schon keine Zukunft mehr, während 142 002 noch länger für die Dienststelle unterwegs sein wird.


Gleiches galt für die 132 186 und 120 033. Gerade ist die Drehscheibe vor dem Schuppen 3 für Wartungsarbeiten angehoben. Alle hier beheimateten Loks müssen derweil im Freien parken. 132 186 war übrigens langjährige Planlok der Est. Saßnitz und häufig für diese Einsatzstelle nach Oebisfelde unterwegs.

Die V 100 der BR 110 bzw. 112 waren unter anderem auch häufig im Personen- und Güterzugdienst auf der Insel Rügen, aber auch in Richtung Wolgast Hafen bzw. Pasewalk unterwegs gewesen.
So entstand spätestens ab Fahrplanwechsel ein Überhang an V 100 im Bw Stralsund.
Diese Baureihe wurde durch das Bw aber noch jahrelang benötigt und vor allem in den Einsatzstellen Barth, Greifswald und Putbus rege eingesetzt.
Aber allein am 31. Mai wurden insgesamt fünf 112 zu den Bw Eberswalde und Angermünde versetzt.
Angermünde bekam 112 278 und 112 392 aus Stralsund. Eberswalde erhielt in einem zweiten Lokzug die 112 289, 112 385 und eine dritte Lok, deren Nummer ich nicht parat habe.


Die wenigen Loks der BR 110, die sich in Stralsund verdingten, waren mir immer wieder dankbare Motive. Stets etwas angeschmutzt, war 110 704 eine dieser unscheinbaren Arbeiterinnen. Mit einer Notkupplung für LVT hinten und einer Schwesterlok an der vorderen Kupplung, begegnet sie mir an einem Maitag in der Nähe der Tankstelle.


Die andere Lok ist 110 837, eine ebenfalls recht treue Stralsunderin. Die Loks sind in Vielfachsteuerung gekuppelt. „Mauz und Hoppel“ wurde diese Kombination scherzhaft genannt. 110 704 wird vom Führerstand der 837 mit gesteuert.


Während das Gespann sich links noch mit den Triebwagen beschäftigt, rollt rechts wieder eine andere interessante Lok heran. Was die 110er mit den Triebwagen vorhatten, weiß ich leider nicht mehr.


142 006 im Schnellzugdienst. In den Umlaufplänen der Stralsunder 132 fanden sich immer wieder 142er. Mit der 142 006 sehen wir hier die 142 mit der höchsten Nummer. Die Deutsche Reichsbahn stellte nur 6 Loks dieses Typs in Dienst, die alle in Stralsund zu Hause waren.
142 006 wird ihren Schnellzug auf der Nordbahn sicher bis Neustrelitz bringen, wo er dann von einer Ellok übernommen wird.

Mit der BR 132 und 142 wurde aber noch ein recht stabiler Diesellokbestand gehalten.


Auch hier sehen wir wieder die 142 006, die während der Pause neben 132 430 eines der knappen Plätzchen gefunden hat.


Weiter oben haben wir sie schon gesehen. Hier nun die Seitenansicht der 142 002. Diese Loks, die als stärkste Reichsbahn-Dieselloks immer eine gewisse Aura ausstrahlten, wurden von mir recht gern fotografiert. Bis auf die 142 001, die damals lange in Cottbus war, habe ich alle 142er irgendwann erwischt.


Optisch etwas auffälliger war die Stralsunder 132 427. Sie besaß genietete Lokschilder, an Stelle der Emailletafeln.


Im September 1989 war ein Diafilm in der Kamera, als 142 003 an der 142 004 vorbei rangiert.


Nochmals 142 006, hier im Juni 1989. Sie kommt auf dem Zufahrtsgleis gerade in das Bw Stralsund gefahren. Diese Aufnahme entstand am Rande der Fahrzeugausstellung im Juni.


Auch 142 004 war an diesem Tag im Einsatz. Sie kommt vom Schuppen 3 und wird an die Ausfahrt des Bw rollen.

Die wenigen vorhandenen 118 waren vor allem auf der KBS 950 Rostock – Stralsund – Saßnitz rege im Einsatz.
Dafür setzte das Bw Stralsund folgende Loks ein: 118 523, 531, 572 und 769.
Die 118 105 war fast das gesamte Jahr auf dem Paschenberg abgestellt vorhanden. Sie stand dort gemeinsam mit der immer weiter ausgeschlachteten z-gestellten 118 547 und wurde bald das Ziel von Schilderdieben.
Aber 118 105 wurde Ende 1989 sogar wieder betriebsfähig hergerichtet.
Die Lehrwerkstatt fertigte eigens für diese Lok wieder Lokschilder an, so dass 118 105 wieder zuverlässig im Einsatz bewundert werden konnte.


Irgendwie hat 118 572 immer Dienst, wenn ich die Kamera hebe. Vollgetankt geht es zum nächsten Einsatz. Ein Gruß mit den Lichtern darf nicht fehlen. Wir waren inzwischen bekannt und geachtet.


243 836 wird einfach links liegen gelassen.

Die LVT wurden unverändert in Tribsees und im Verkehr nach Rakow bzw. den Dienstpendeln gebraucht.

Der Bestand der 106 hatte sich ebenfalls nicht wesentlich verändert.
Nach meiner Erinnerung rangierten auf dem Bf. Stralsund mindestens 4 106, davon 2 am Ablaufberg ( häufig 106 247 und 427 ) , eine am Personenbahnhof und der Waschanlage ( meist die Rentnerlok 106 689 ) und eine zur Bedienung der Hafenbahn ( häufig 106 967 ). Fest am Hafen stationiert war meist die 106 970. Für die Bedienfahrten im Umland wurden verschiedene Planloks benötigt. Der Klang der Stangendiesel ertönte damals an allen Ecken und Enden und wurde von mir kaum beachtet.

Wendeloks der Bw Neubrandenburg, Rostock, Güstrow und Wismar gehörten zum täglichen Dieselgeschäft auf dem Bf. Stralsund.


Fast könnte man schon wieder gähnen. Wieder eine 142. Die 142 003 rollt ganz nach hinten durch das Bw. Aber da kommt aus Richtung Nordbahn die Neubrandenburger 132 434. Ebenfalls ein sehr gepflegtes Exemplar seiner Gattung. Mai 1989

So mancher Exot verirrte sich 1989 an den Sund. So sichtete ich eine der beiden 130.1 der VES-M Halle mit einem Messzug, fotografierte sie aber nicht.
Die Grabenräumlok 110 966 musste sogar von den Stralsunder Lokschlossern versorgt werden.


Die Lokschlosserbrigaden aus dem Schuppen 1 waren für die deutschen Dieselloks zuständig und dann auch am Portalkran neben dem Schuppen 3 anzutreffen. 110 966, eine Grabenräumlok, wird natürlich auch von den Stralsunder Kollegen repariert.


Manchmal habe ich auch ein wenig Krimskrams fotografiert. Dieser preußische 2’2’ T 21,5 diente dem Bw Stralsund noch Jahre nach seiner Dampflokzeit als Altölbehälter.


Offenbar ein DDR-Produkt ist aber dieser Achslagerdeckel an diesem Tender.


Ein weiterer Ölbehälter entstand aus einem Einheitstender. Ich würde spontan auf einen 2’2’T 34 tippen. Bitte berichtigt mich, wenn ich nicht richtig liege.

Ich hoffe, dass Euch dieser Ausflug in die Vergangenheit ein wenig Spaß gemacht hat und verbleibe mit vielen Grüßen

Euer Dampf – Achim Rickelt

Texte und Bilder von Achim Rickelt